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ARD-Chef Gniffke ärgert sich über Gehaltsfrage bei „Zapp“ – 392.000 Euro im Jahr

Veröffentlicht von Lukas Schattenberg    An 16 Nov 2025    Kommentare(0)
ARD-Chef Gniffke ärgert sich über Gehaltsfrage bei „Zapp“ – 392.000 Euro im Jahr

Als Journalist Tilo Jung Kai Gniffke bei „Zapp“ direkt fragte, warum er 30.000 Euro im Monat verdient, antwortete der ARD-Vorsitzende und SWR-Intendant mit einem scharfen: „Gute Frage, falscher Adressat.“ Es war kein typisches Fernsehgespräch – es war ein Moment, der die öffentliche Wut über die Gehälter im öffentlich-rechtlichen Rundfunk sichtbar machte. Die Sendung am 2. März 2023 um 22:56 Uhr wurde zur Brennpunkt-Debatte über Macht, Geld und Verantwortung in einer Institution, die von jedem Haushalt mit 8,75 Euro monatlich finanziert wird.

Ein Gehalt, das ins Gewicht fällt

Kai Gniffke verdiente im Jahr 2023 Kai Gniffke genau 392.530 Euro brutto – ein Anstieg von fast 13.000 Euro gegenüber 2022. Das ist fast zehnmal so viel wie der Durchschnittsverdienst eines Vollzeitbeschäftigten in Deutschland: 4.105 Euro im Monat, wie das Statistisches Bundesamt im April 2022 ermittelte. Gniffke liegt damit knapp unter dem Gehalt von Bundeskanzler Olaf Scholz – und deutlich über dem von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, den er selbst fälschlicherweise als höher bezahlt bezeichnete. Sein Gehalt wird nicht von ihm selbst bestimmt, sondern vom Verwaltungsrat. Doch das macht es nicht besser. Denn wer das Geld bestimmt, trägt die Verantwortung – und das wissen die Zuschauer.

Die Spitzenreiter unter den Intendanten

Gniffke ist nicht einmal der bestbezahlte Intendant der ARD. Der ehemalige WDR-Chef Tom Buhrow, der bis 2024 amtierend war, nahm 2024 satte 427.900 Euro ein – plus 3.700 Euro Reisekostenpauschale und 21.900 Euro an Sachleistungen wie Dienstwagen und Bahncard. Seine Nachfolgerin Katrin Vernau erhält immer noch 348.000 Euro jährlich – ein Betrag, der für viele Familien ein Leben lang reichen würde.

Die Zahlen der anderen Intendanten sind kein Zufall: Joachim Knuth (NDR) mit 356.178 Euro, Katja Wildermuth (BR) mit 340.267 Euro, Yvette Gerner (Radio Bremen) mit 281.347 Euro. Selbst die niedrigste Bezugsgruppe, Ulrike Dämmer (RBB), verdient 220.000 Euro – mehr als der durchschnittliche Polizist oder Lehrer in ganz Deutschland. Insgesamt fließen den elf ARD-Intendanten allein 3,5 Millionen Euro pro Jahr zu. Das ist kein kleiner Betrag. Das ist ein Staatshaushalt für Führungskräfte.

Der ZDF-Check: Auch dort wird gezahlt

Die Konkurrenz macht’s nicht besser. Der ZDF-Direktor Norbert Himmler erhielt 2024 382.560 Euro brutto – und das ohne die Sachleistungen, die bei den ARD-Intendanten oft noch hinzukommen. Und auch bei den Programmdirektoren bleibt kein Cent übrig: Christine Strobl, ARD-Programmdirektorin, bekam 2024 284.827 Euro plus 5.500 Euro Reisekosten und 16.436 Euro an Sachleistungen. Das ist kein Gehalt – das ist ein Statussymbol. Und genau das ist das Problem.

Warum das die Zuschauer wütend macht

Jeder Deutsche zahlt monatlich 8,75 Euro Rundfunkbeitrag – das sind 105 Euro pro Jahr. Für diese Summe erwarten sie Qualität, Transparenz und Fairness. Doch wenn die Chefs so viel verdienen wie CEOs von DAX-Unternehmen, während die Redaktionen mit Personalmangel und Budgetkürzungen kämpfen, dann fühlt sich das nicht nach öffentlichem Dienst an – sondern nach Privatbesitz. Tilo Jung hat nicht nur nach dem Geld gefragt. Er hat nach dem Sinn gefragt: Warum investiert der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht mehr in Journalismus? Warum wird die Berichterstattung als linksliberal beschimpft? Warum wird nicht mehr in lokale Nachrichten investiert, statt in teure Talkshows?

Gniffke wich aus. Er nannte Jung „unfair“, behauptete, er sei nicht der Verantwortliche – und verlor damit mehr als nur das Gespräch. Er verlor das Vertrauen. Denn wer sich nicht rechtfertigen kann, wer immer nur auf die Verwaltungsräte verweist, der zeigt: Er hat keine eigene Position. Und das ist gefährlich für eine Institution, die als verlässlicher Informationsanbieter gelten will.

Was kommt als Nächstes?

Die Debatte ist nicht neu. Seit Jahren kritisieren Bürgerinitiativen, Politiker und sogar ehemalige ARD-Mitarbeiter die Gehaltsstruktur. Doch bislang hat sich nichts geändert. Der Verwaltungsrat bleibt anonym, die Entscheidungen nicht öffentlich. Doch die Medienlandschaft hat sich verändert. YouTube-Kanalbetreiber, Podcasts und TikTok-Journalisten bieten kostenlose, oft bessere Berichterstattung. Die Zuschauer wandern ab – und die Beitragszahler fragen sich: Wofür zahlen wir eigentlich?

Im Herbst 2024 wird der neue Rundfunkbeitrag verhandelt. Die ARD muss sich entscheiden: Entweder sie zeigt, dass sie versteht, was die Menschen bewegt – oder sie wird weiter als elitäre Institution wahrgenommen, die ihre Aufgabe vergessen hat. Ein Gehalt von 400.000 Euro ist nicht per se verwerflich. Aber wenn es ohne Erklärung, ohne Rechtfertigung, ohne Empathie bleibt – dann ist es untragbar.

Hintergrund: Wie wurde das Gehalt festgelegt?

Die Gehälter der Intendanten orientieren sich an sogenannten „Vergleichsgrößen“ – also den Gehältern von CEOs vergleichbarer öffentlicher Einrichtungen. Doch diese Vergleichswerte sind oft überhöht. Kein Intendant hat je einen Gewinn zu erwirtschaften – aber er muss eine Redaktion mit 1.500 Mitarbeitern führen, politische Druck ausgleichen und gleichzeitig journalistische Unabhängigkeit bewahren. Ein unmögliches Gleichgewicht. Und doch: Die Gehälter wurden nie auf ihre tatsächliche Leistung, sondern auf Tradition und Protokoll festgelegt.

Die ARD veröffentlicht die Gehaltslisten – das ist positiv. Aber die Erklärung fehlt. Warum verdient der Intendant von Radio Bremen weniger als der von Bayern? Warum bekommt der SWR-Intendant mehr als der von Saarland? Es gibt keine klaren Kriterien. Nur Zahlen. Und das macht die Wut verständlich.

Frequently Asked Questions

Warum ist das Gehalt von Kai Gniffke so umstritten?

Weil Gniffke fast 400.000 Euro jährlich verdient – zehnmal mehr als der Durchschnittsverdiener in Deutschland –, während die Redaktionen unter Personalmangel leiden. Sein Gehalt wird von einem Verwaltungsrat festgelegt, der nicht direkt dem Publikum gegenüber verantwortlich ist. Das führt zu dem Gefühl, dass die ARD sich selbst bedient – statt den Zuschauern zu dienen.

Wie viel verdienen andere ARD-Intendanten?

Die Gehälter liegen zwischen 220.000 und 427.900 Euro jährlich. Der höchste Verdienst hatte Tom Buhrow (WDR) mit 427.900 Euro, gefolgt von Joachim Knuth (NDR) mit 356.178 Euro. Selbst die niedrigste Bezugsgruppe, Ulrike Dämmer (RBB), verdient 220.000 Euro – mehr als 90 % der deutschen Arbeitnehmer. Die elf Intendanten zusammen erhalten über 3,5 Millionen Euro pro Jahr.

Wird das Geld für Journalismus ausgegeben?

Nein, nicht ausreichend. Laut internen ARD-Berichten fließen nur knapp 60 % der Gesamtausgaben in die Programmproduktion – der Rest geht in Verwaltung, Technik und Gehälter. In den letzten fünf Jahren sank die Anzahl der Reporter um 12 %, während die Gehälter der Chefs stetig stiegen. Viele lokale Redaktionen arbeiten mit halbem Personal – und das bei steigendem Informationsbedarf.

Warum reagiert Gniffke so gereizt auf die Frage?

Weil er nicht nur ein Gehalt bekommt – er repräsentiert ein System, das seit Jahrzehnten unangefochten bleibt. Jede Frage nach dem Geld wird als Angriff auf die ganze Institution wahrgenommen. Doch statt zu erklären, warum das Geld notwendig ist, weicht er aus. Das verstärkt den Verdacht: Er hat keine überzeugende Antwort. Und das ist das größte Risiko für die ARD – nicht das Geld, sondern der Verlust des Vertrauens.

Was könnte sich ändern?

Ein transparentes Vergütungssystem mit klaren Kriterien – etwa Anzahl der Mitarbeiter, Reichweite, Qualität der Berichterstattung – wäre ein erster Schritt. Außerdem könnte das Gehalt an die Inflation und die Lohnentwicklung der Belegschaft gekoppelt werden. Und: Die Verwaltungsräte sollten öffentlich benannt und in Sitzungen live übertragen werden. Nur so kann Vertrauen zurückgewonnen werden.

Ist die ARD noch relevant?

Ja – aber nur, wenn sie sich verändert. Die ARD hat immer noch die größte Reichweite und die tiefste Recherche-Kapazität. Doch wenn sie weiterhin wie ein Privatunternehmen mit überhöhten Gehältern agiert, während die Zuschauer auf YouTube und TikTok nach seriösen Informationen suchen, verliert sie ihren Auftrag. Die Zukunft gehört nicht den Besten bezahlten – sondern den Vertrauenswürdigsten.